Liebe Pressbaumerin, lieber Pressbaumer!
Seit Jänner 2016 bin ich, Alexander Knapp, Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Pressbaum. Ich leite die Feuerwehr und repräsentiere sie nach außen. Im Sinne unserer Außenwirkung halte ich es für wichtig, interessantes und wichtiges Hintergrundwissen an Sie/Euch weiterzugeben.
Der vergangene Sonntag Abend (1. Mai 2016) brachte viel Unruhe in der Pressbaumer Bevölkerung hervor. Innerhalb kürzester Zeit haben mehrere besorgte Bürger den Notruf gewählt und auf Facebook gab es viele Fragen und beunruhigte Kommentare. Was war passiert? Um das zu erklären schreibe ich diesen ausführlichen Beitrag, denn als Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Pressbaum ist es mir ein großes Anliegen, dass die Pressbaumer Bevölkerung keine schlaflosen Nächte wegen Feuerwehreinsätzen haben muss. Aber alles der Reihe nach.
Was ist am Abend des 1. Mai passiert?
Die Feuerwehr Pressbaum rückt durchschnittlich zu rund 200 Einsätzen im Jahr aus (mal mehr mal weniger). Nächtliche Feuerwehreinsätze sind daher nichts Ungewöhnliches. Am Abend des 1. Mai gab es auch so einen Einsatz. Wir wurden kurz nach 22 Uhr zu einem Verkehrsunfall auf der Westautobahn gerufen, was ebenfalls nichts außergewöhnliches ist und zu unseren üblichen Einsatzszenarien gehört. Allerdings gab es diesmal wohl einige Missverständnisse bei der Alarmierung, wodurch wir mittels Sirene und nicht – wie sonst bei uns üblich – über Pager und SMS alarmiert wurden. Nähere Infos zu diesem Einsatz gibt es hier.
Wohin führt der Notruf?
Wenn man den Feuerwehr Notruf wählt, gelangt man meist automatisch zur regional zuständigen Feuerwehr-Alarmzentrale. Für Pressbaum ist diese zuständige Alarmzentrale in Purkersdorf eingerichtet und rund um die Uhr besetzt. Es gibt in ganz Niederösterreich aber mehrere Alarmzentralen die in etwa (mit einigen Ausnahmen) den jeweiligen Bezirk abdecken. Diese Alarmzentrale nimmt den Notruf entgegen und alarmiert dann über ein elektronisches Einsatzleitsystem die örtlich zuständige Feuerwehr. Dabei gibt es grundsätzlich drei Varianten mit denen die Feuerwehr zum Einsatz gerufen werden kann.
- Alarmierung über Sirene: Das ist die „älteste“ Technik die bei vielen Feuerwehren nach wie vor verwendet wird. Die Sirenen sind flächendeckend über ganz Österreich in Betrieb.
- Alarmierung über Pager: Viele Feuerwehren (so auch die FF Pressbaum) geben an ihre Mitglieder persönliche Pager aus. Über ein spezielles Telekommunikationsnetz (ähnlich wie das Handynetz) werden die Feuerwehrmitglieder mittels Textnachricht oder Sprachdurchsage zum Einsatz gerufen.
- Alarmierung über SMS: Die Feuerwehrmitglieder bekommen vom Einsatzleitsystem eine SMS auf ihr privates Handy bzw. Smartphone geschickt.
Gestern war es so, dass irrtümlicherweise die Alarmzentrale St.Pölten einen zweiten Notruf erhalten hat. Obwohl unsere zuständige Alarmzentrale in Purkersdorf bereits alarmiert hat, wurden wir fünf Minuten später auch von der Alarmzentrale in St.Pölten (zum gleichen Einsatz) gerufen. Dabei wurde versehentlich die Sirene ausgelöst.
Wer kommt zum Einsatz?
Sobald die Feuerwehrmitglieder eine Alarmierung erhalten, begeben sie sich unverzüglich zum Feuerwehrhaus. Es handelt sich dabei durchwegs um freiwillige Feuerwehrmitglieder, die dabei alles liegen und stehen lassen und sich zum Einsatz begeben. Im Feuerwehrhaus angekommen ziehen sie sich ihre Einsatzuniform an und rücken mit den Feuerwehrfahrzeugen zum Einsatzort aus. Wer mit welchen Feuerwehrfahrzeug ausrückt, bestimmt der anwesende Einsatzleiter.
Wann wird mit Sirene alarmiert?
Auf Facebook gab es nach der angesprochenen Sirenenalarmierung viele Mutmaßungen, was das denn nun zu bedeuten hat. Z.B. „Sie haben zu wenig Leute“, „es ist was schlimmeres passiert“, „es handelt sich um einen Katastropheneinsatz“, uvm. In Wirklichkeit hängt die Art der Alarmierung nur davon ab, wie der Feuerwehrkommandant die Alarmpläne seiner Feuerwehr gestaltet. Dabei werden alle möglichen Einsatzszenarien in drei unterschiedliche Klassen eingeteilt.
- Das Kürzel „B“ steht dabei für sämtliche Brandeinsätze.
- Das Kürzel „T“ steht für alle technischen Einsätze (z.B. Verkehrsunfälle)
- Das Kürzel „S“ steht für alle Schadstoffeinsätze (z.B. ausgetretenes Öl oder Unfälle mit gefährlichen Stoffen)
Zusätzlich gibt es noch die Stufen 1-3 (bzw. 4 bei Brandeinsätzen), welche die „Schwere“ bzw. das Ausmaß des Einsatzes angeben.
- Die Alarmstufe B1 ist beispielsweise ein Brand eines kleinen Mistkübels oder ähnliches, während die Alarmstufe B3 beispielsweise ein brennendes Wohnhaus bedeutet.
- Bei den technischen Einsätzen bedeutet die Stufe T1 einen „normalen“ Verkehrsunfall, T2 kann z.B. schon eine im Unfallfahrzeug eingeklemmte und verletzte Person bedeutet, T3 wäre beispielsweise eine Massenkarambolage oder Busunfall mit mehreren eingeklemmten bzw. verletzten Personen.
- Das gleiche Verfahren gilt auch für Schadstoffeinsätze: Ein „S1“ ist beispielsweise ausgelaufenes Motoröl aus einem PKW, ein S2 wäre z.B. ausgelaufenes Öl mit Gewässergefährdung und ein S3 wäre ein schwerer Unfall mit gefährlichen Stoffen und Umweltgefährdung.
Der jeweilige Feuerwehrkommandant legt mit den bei der Alarmzentrale hinterlegten Alarmplänen fest ob und welche Feuerwehren zusätzlich als Verstärkung mitalarmiert werden sollen und auf welche Art und Weise alarmiert wird.
Alarmierung bei der FF Pressbaum
Bei der Feuerwehr Pressbaum erfolgt die Alarmierung in der Regel immer als sogenannte „stille Alarmierung“. Das bedeutet, dass unsere Mitglieder über die Pager und zusätzlich mit SMS alarmiert werden. Erst ab den Alarmstufen B3, T3 und S3 wird zusätzlich mit Sirene alarmiert um den Feuerwehrmitgliedern die Dringlichkeit zu signalisieren bzw. eine doppelte Sicherheit zu gewährleisten falls Pager und SMS ausfallen sollten.
Andere Feuerwehren in unserer Region alarmieren übrigens immer mit Sirene, auch bei „kleinen“ Einsätzen. In Pressbaum verzichten wir allerdings darauf. Bei durchschnittlich 4-5 Einsätzen in der Woche würde die Bevölkerung wohl sehr gereizt sein, wenn sie ständig durch die Sirene gestört werden würde.
Trotzdem kann es mal vorkommen, dass auch wir per Sirene zum Einsatz gerufen werden. Entweder weil es eine hohe Alarmstufe ist oder weil es Missverständnisse bei einer Alarmzentrale gibt (letzteres war gestern der Fall).
Welche Sirenensignale gibt es?
Es gibt unterschiedliche Sirenensignale mit jeweils anderer Bedeutung. Jede Bürgerin und jeder Bürger sollte sich diese Signale regelmäßig in Erinnerung rufen um im Ernstfall richtig reagieren zu können. Das Heulen der Sirene bedeutet dabei nicht immer gleich, dass man vom Schlimmsten ausgehen muss. Meistens handelt es sich um die wöchentliche Sirenenprobe oder eben einen ganz normalen Feuerwehreinsatz.
Zu wenig Leute bei der Feuerwehr?
Auf Facebook gab es auch Mutmaßungen, dass die Sirene deshalb ausgelöst wurde, weil es nicht genug Einsatzkräfte gab. Das stimmt glücklicherweise nicht. Die Feuerwehr Pressbaum hat eine schlagkräftige Truppe die immer gut besetzt zu den Einsätzen ausrücken kann. Ich möchte die Gelegenheit aber nutzen um darauf hinzuweisen, dass wir trotzdem IMMER auf der Suche nach neuen Mitgliedern sind, die sich bei der Feuerwehr Pressbaum engagieren. Es wird immer schwieriger Freiwillige zu finden, die bereit sind dieser spannenden Betätigung nachzugehen. Daher an dieser Stelle der Aufruf: Kommen Sie zur Feuerwehr! Es gibt viel zu lernen (nicht nur über Sirenen und Alarmierung) und viele spannende Aufgaben die Tag für Tag bewältigt werden.
Nutzen Sie bitte auch die Möglichkeiten, sich im Rahmen unseres Feuerwehrfestes oder beim jährlichen Tag der offenen Tore zu informieren. Folgen Sie uns auch auf unserer Webseite und Facebook Seite mit „Gefällt mir“ um immer auf dem neuesten Stand zu bleiben.
Ich hoffe, dass dieser Beitrag einen interessanten Einblick in den Ablauf unserer Alarmierung gegeben hat. Wir werden in Zukunft unsere Öffentlichkeitsarbeit intensivieren und teilweise auf neue Beine stellen, um Ihnen und Euch einen noch besseren Zugang zu unseren Tätigkeiten zu vermitteln.
mit besten Grüßen
Der Feuerwehrkommandant
FT Ing. Alexander Knapp